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An diesem Tag im Jahr 399 vor Christus wurde Sokrates in Athen zum Tode verurteilt. Der griechische Philosoph wurde wegen den folgenden schwer definierbaren Verbrechen hingerichtet: „Ablehnung der vom Staat anerkannten Götter“, „Einführung neuer Gottheiten“ und weil er „die Jugend verderbe“. Sein Prozess fand öffentlich im Zentrum Athens statt, vor drei Anklägern, einer Jury von 500 Männern und einer großen Menge an Zuschauern.

Drei Stunden lang legten die Ankläger den Fall gegen ihn dar. Daraufhin verteidigte sich Sokrates drei Stunden lang. Zum Schluss sollte jeder Juror einen Stimmstein in eine der zwei Urnen legen: Eine Urne hatte die Aufschrift „schuldig“, die andere „nicht schuldig“. Die Jury, die aus einem Rat von 500 Männern bestand, befand den damals 70-jährigen Sokrates mit 280 zu 220 Stimmen für schuldig.

Gemäß dem Urteil sollten die Juroren über eine angemessene Bestrafung entscheiden. Sokrates’ Ankläger sprachen sich für die Todesstrafe aus. Sokrates selbst hingegen argumentierte – mit wenig bedachtem Sarkasmus – dass er für seine Handlungen belohnt werden sollte. Nach kurzer Überlegung schlug er stattdessen eine kleine Geldstrafe vor.

Hätte er Exil aus Athen vorgeschlagen, wäre sein Leben wahrscheinlich verschont geblieben; so aber mussten sich die Juroren zwischen der Hinrichtung und einer unbedeutenden Geldstrafe entscheiden und wählten die Hinrichtung.

Nach dem Athener Gesetz wurde die Todesstrafe mit einem Becher giftigen Schierlings vollzogen. Schierling ist eine tödliche Pflanze, die das Opfer eine Art erzwungenen Selbstmord begehen lässt. „Wir können und müssen zu den Göttern beten, dass unser Aufenthalt auf Erden nach dem Grab glücklich weitergehen wird“, sagte Sokrates, bevor er das tödliche Gift trank. „Dies ist mein Gebet, möge es sich erfüllen“. Er ging umher, bis seine Beine zu schwer wurden, dann legte er sich auf den Rücken und starb langsam.

In seinen letzten Worten erinnerte er an seinen besonderen Freund. Doch die Worte waren etwas enttäuschend: „Kriton, wir sind dem Asklepios einen Hahn schuldig. Entrichte ihm den. Versäume es nicht.“

Die tatsächlichen Gründe für Sokrates’ Anklage und die anschließende Hinrichtung sind etwas unklar. Die Anklagepunkte sind sehr vage, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie – wie behauptet - mit der Religion zu tun hatten. Der Philosoph und seine anti-demokratischen Lehren wurden eher als Bedrohung für die Herrscher Athens gesehen.

Der Stadtstaat hatte sich gerade von einer Periode großer Instabilität erholt, in der eine aufrührerische Organisation namens „Die dreißig Tyrannen“ die demokratische Regierung umgestürzt hatte. Ein brutales Regime des Terrors, das Tausende von unschuldigen Bürgern verbannte und hinrichtete, versuchte, eine oligarchische Herrschaft aufzubauen. Der Führer der Dreißig Tyrannen, Kritias, war einer von Sokrates’ Schülern. Diese Verbindung führte wahrscheinlich dazu, dass der Lehrer zum Tode verurteilt wurde.

Tatsächlich wurde der große Philosoph aufgrund seiner autokratischen Tendenzen zum Tode verurteilt. Ironischerweise wird die Hinrichtung Sokrates’ – der von Platon als „weisester und gerechtester aller Menschen“ beschrieben wurde – heute häufig als Beispiel eines misslungenen demokratischen Prozesses zitiert.

Bildquelle: © GL Archive / Alamy