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Der Gotthardtunnel mit einer Länge von 15.003 Metern Länge ist ein zweigleisiger Eisenbahntunnel auf 1.150 Metern Seehöhe durch das Gotthardmassiv. Der Tunnel verbindet den Ort Göschenen in der Schweiz mit dem italienischen Airolo. Die Bauzeit ging von 13. September 1872 bis 29. Februar 1880. Noch heute gilt das Bauwerk als Meisterleistung der Vermessungstechnik.

 

Die erste Idee

Die Idee, den Norden mit dem Süden durch das Gotthardmassiv zu verbinden, kam aus der Schweiz. Im Jahr 1861 vermaß der Ingenieur Kaspar Wetli in nur fünf Monaten die Strecke – eine Meisterleistung der Vermessungstechnik. Zuerst sah der Plan eine Passstrecke vor, doch um die Projektgegner zufrieden zu stellen, wurde 1863 die Idee einer Verbindung durch einen Tunnel geboren. Das Vorhaben fand Anklang. Die Finanzierung sollte von der Schweiz, Italien, dem neuen Deutschen Reich und Privatfinanziers kommen. Um letzteres zu ermöglichen, wurde die Gotthard-Gesellschaft als internationale Aktiengesellschaft gegründet. Am 28. Oktober 1871 wurde der Gotthardvertrag von allen Investoren unterzeichnet, der Bau konnte starten. Das Schriftstück sah Maximalkosten von 187 Millionen Franken vor.

 

Ausschreibung des Projekts

Die Genfer Firma „Entreprise du Grand Tunnel du Gothard“ von Louis Favre unterbot die Konkurrenz und konnte die Ausschreibung des Projekts für sich entscheiden. 1872 versprach er mit seiner Unterschrift eine Bauzeit von acht Jahren. Die strengen Vertragsbedingungen hielten fest, dass jeder Tag Verzögerung mit 5.000 Franken auf Kosten des Unternehmers gehen sollte. 8 Millionen Franken musste Favre als Kaution hinterlegen, die bei einer Verzögerung von über einem Jahr einbehalten werden konnte.

 

Baubeginn

Favre hoffte, die Technik und Arbeiter des Mont-Cenis-Tunnel, der mit 12 Kilometern damals längste Tunnel der Welt, nutzen bzw. für sich gewinnen zu können. Bisher konnte der Unternehmer nur den Bau von Tunneln mit einer maximalen Länge von einem Kilometer vorweisen.

Am 13. September 1872 begannen am Südportal die Arbeiten, am 24. Oktober die Arbeiten am Nordportal.

Das Gestein war wenig bekannt und stellte sich von Beginn an immer wieder als Problem dar, so dass die Arbeiten schon von Tag 1 an hinter dem Zeitplan lagen.

 

Arbeitsbedingungen

Um den straffen Zeitplan halten zu können, beschäftigte Favre bis zu 3.000 Arbeiter gleichzeitig. Oftmals wurden die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf beiden Seiten des Massivs kritisiert. Die Arbeiter waren rund um die Uhr in drei Schichten am Tunnel beschäftigt. Der Lohn reichte kaum für die Bezahlung der Unterkunft, Arbeitsutensilien und Kleidung aus. Auf Schweizer Seite wurde zusätzlich eine Aufenthaltsgebühr eingezogen. Untergebracht waren die Arbeiter in baufälligen Barracken. Durch das Zusammenleben auf engstem Raum grassierten Typhus, Durchfall und andere Infektionskrankheiten.

Zusätzlich erschwerten die unzureichende Belüftung bei den Bauarbeiten, der Lärm, das ständige Einatmen von Graphitstaub und die bis zu 40 Grad hohen Temperaturen im Tunnel die Arbeitsbedingungen. Am 27. Juli 1875 riefen die Mineure in Göschenen zum Streik auf und blockierten die Tunneleinfahrt. Polizisten schossen daraufhin in die Menge und töteten dabei vier Menschen. Der Streik war niedergelegt, die internationale Presse in Aufruhr über die desaströsen Arbeitsbedingungen, doch bis zum Ende der Arbeiten änderte sich nichts.

 

Bauweise

Mit Maschinen wurden etwa einen Meter tiefe Löcher gebohrt, die mit Dynamit befüllt und dann gesprengt wurden. Die Nachfrage nach dem Sprengstoff war so hoch, dass eine eigene Sprengstofffabrik entstand.

Zu Beginn der Bauarbeiten waren die Maschinen sehr reparaturanfällig und mussten bis zu drei Mal täglich ausgewechselt werden. Die Weiterentwicklung der Maschinen während der Bauphase verlängerte die Lebensdauer der Technik am Ende auf bis zu drei Tage.

 

Straffer Zeitplan

Das Gestein und die vor allem zu Beginn mangelhafte Technik versetzte das Unternehmen immer mehr in Verzug. Ein Jahr nach Baubeginn war beidseitig noch kein ganzer Kilometer in das Massiv geschlagen.

 

Durchschlag

Am 28. Februar 1880 durchdrang ein Bohrer schließlich das Massiv. Bauleiter Favre, der ein halbes Jahr zuvor im Tunnel an Herzversagen verstorben war, sollte trotzdem der erste Mensch sein, der den Tunnel durchquerte. Durch das Loch reichten sich die Arbeiter ein Bild von Favre.

Einen Tag darauf kam es zum eigentlichen Durchbruch. Nur 33 Zentimeter Abweichung gab es an der Seite und fünf Zentimeter in der Höhe. Sieben Jahre und fünf Monate dauerte es bis dahin. Bis das Bauprojekt final fertiggestellt wurde, war das Bauunternehmen von Favre finanziell ruiniert. Eine Millionenstrafe war fällig. Allein die Baukosten wurden am Ende um 40 Millionen Franken überschritten.

 

Der Betrieb beginnt

Bereits vor der eigentlichen Eröffnung wurden ab Herbst 1881 Postsendungen durch den Tunnel transportiert. Am 1. Januar 1882 wurde der provisorische Bahnbetrieb aufgenommen, am 1. Juni 1882 erfolgte der reguläre Betrieb. Der Hochbetrieb der Strecke erfolgte in den 1960er-Jahren: Bis zu 200 Züge täglich durchquerten in der Zeit das Bergmassiv.

Am 11. Dezember 2016 wurde der Betrieb des Gotthard-Basistunnels aufgenommen, der die Nord- und Südseite des Gotthardmassiv weiter unten miteinander verbindet und dadurch energieeffizienter als die höhergelegte Bahntrasse des Gotthardtunnels ist.

 

Der Tunnel in Zahlen

Der Gotthardtunnel weist eine Länge von 15.003 Metern auf und befindet sich auf 1.150 Metern Seehöhe. Die Arbeiter schlugen sich durchschnittlich pro Tag 4,47 Meter weiter durch das Bergmassiv. Fast 200 Menschen verloren während der Bauphase ihr Leben. Die Zahl der eigentlichen Opfer, die an den Folgen der Bauarbeiten starben, ist deutlich höher. Der ganze Tunnel wurde ausgemauert, an den massivsten Stellen bis zu drei Meter dick. Bis zu 1.100 Meter hohes Bergmassiv ruht auf dem Tunnel. Eine Fahrt durch den Tunnel dauerte in der Anfangszeit bis zu 23 Minuten.