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Gerüchte und Mythen über ein Monster, das im schottischen See Loch Ness leben soll, gibt es schon lange. Doch woher stammt diese Legende?  'Nessie' ist erst in den 1930er-Jahren ins öffentliche Bewusstsein geraten. Natürlich gab es bereits davor Berichte von Sichtungen eines mysteriösen Wesens in dem bis zu 230 Meter tiefen Gewässer. Bereits im Jahr 565 wurde erstmals von einem Seeungeheuer berichtet. 1848 gab der Kapitän des Kriegsschiffs HMS Daedalus der Royal Navy bekannt, er habe im Südatlantik eine „riesige Schlange“ gesehen - eine Geschichte, die in der damaligen Zeit nur allzu gern in den Medien aufgegriffen wurde.

Aber Nessie blieb keine seltene Erscheinung. Zahlreiche Augenzeugenberichte haben die Legende gestärkt und damit selbst hartgesottene Zyniker zu der Frage gebracht, ob in den Tiefen des Lochs wirklich etwas Prähistorisches oder gar Schreckliches lebt. Der Artikel, der der Geschichte Zunder verlieh, wurde im Mai 1933 im „Inverness Courier“ veröffentlicht und berichtete über ein lokales Ehepaar, die Mackays, das am See etwas sehr Seltsames erlebte. Dem Bericht zufolge sahen die Mackays einen enormen Wasserberg im Loch aufsteigen und dann eine walähnliche Kreatur, die "in einer kochenden Schaummasse verschwand".

Ein Schriftsteller, Rupert Gould, interviewte später die Mackays. Das Paar beschrieb eine Kreatur mit zwei schwarzen Buckeln - eine Beschreibung, die dazu beitrug, das klassische Bild von Nessie in der Populärkultur zu fixieren.

 

"DIE KREATUR TRAMPELTE ÜBER DIE STRASSE, HATTE EINEN LANGEN HALS UND HIELT EIN KLEINES LAMM ODER TIER IM MAUL"

Einige Monate nach dem Artikel im „Inverness Courier“ veröffentlichte dieselbe Zeitung einen weiteren Bericht, diesmal von einem Besucher der Gegend namens George Spicer. Seine Geschichte war noch erschreckender. Laut Spicer fuhren er und seine Frau am Loch entlang, als sie mit dem Auto fast mit einem Wesen kollidierten, das wie ein Drache oder ein prähistorisches Tier aussah. „Die Kreatur trampelte über die Straße, hatte einen langen Hals und hielt ein kleines Lamm oder Tier im Maul“, berichtete Spicer. Rupert Gould befragte Spicer nach weiteren Details. Die Kreatur hätte eine „abscheulich aussehende graue Farbe, wie ein schmutziger Elefant" und eine seltsame physische Form, denn es soll „wie eine riesige Schnecke mit langem Hals“ ausgesehen haben.

Diese frühen Berichte begründeten die häufigsten Darstellungen von Nessie als eine Art dinosaurierähnliches Wesen. Sie brachten auch D. Mackenzie dazu, an Rupert Gould zu schreiben, und zu behaupten, er habe 1871 oder 1872  – er konnte sich nicht mehr genau erinnern – am Loch Ness etwas Seltsames entdeckt. Mackenzies ziemlich groteske Beschreibung berichtete von einer Kreatur, die mit großer Geschwindigkeit zappelte und das Wasser aufwirbelte. Er hätte seinen Freunden, schon lange bevor das „Monster" berühmt wurde, diese Geschichte erzählt.

Im Jahr 1933 tauchte auch das erste Foto von Nessie auf. Es wurde von einem Mann namens Hugh Gray aufgenommen, der einen Spaziergang am Loch machte, als er sah, dass „ein Objekt von beträchtlicher Masse“ aus dem Wasser auftauchte. Sein Foto hat nie Kultstatus erlangt, obwohl es das erste angebliche Porträt von Nessie ist, wahrscheinlich weil es verschwommen und nicht eindeutig zuordenbar ist (viele meinen, dass es tatsächlich ein Foto eines Hundes ist, der mit einem Stock im Mund schwimmt). Im Gegensatz dazu ist das sogenannte "Surgeon's Photograph" von 1934 immer noch das berühmteste Bild des Monsters, obwohl es sich eindeutig als Fälschung erwies.

Die Geschichte ging dahin, dass ein Arzt namens Robert Kenneth Wilson das berühmte Foto von Kopf und Hals der Kreatur machte, die aus dem Loch auftauchten. Viele Jahrzehnte später stellte sich heraus, dass die ganze Geschichte ein aufwändiger Scherz war, der von Marmaduke Wetherell, einem Schauspieler und Filmemacher, begangen wurde. Wetherell war zuvor in der Öffentlichkeit belächelt worden, nachdem er angebliche Fußabdrücke von Monstern am Loch veröffentlicht hatte. Forscher hatten jedoch schnell bewiesen, dass sie mit einem Nilpferdfuß gemacht wurden - der zu dieser Zeit gern als Schirmständer oder Aschenbecher verwendet wurde. Wetherell und seine Freunde waren dermaßen beschämt über diese öffentliche Demütigung, dass sie beschlossen, das Foto des Chirurgen mit einem ausgetricksten Spielzeug-U-Boot zu fälschen.

Seitdem wurden mehrere Untersuchungen des Loch Ness durchgeführt - keine leichte Sache, da es sich hier um enorme Wassermassen handelt. Sonar-Messungen waren nicht aufschlussreich und ließen der Öffentlichkeit die Freiheit, über Plesiosaurier und andere vorsteinzeitliche Kreaturen im Loch zu fantasieren. Im September 2019 analysierten neuseeländische Wissenschaftler die DNA im Wasser und schlossen große Wasserreptilien, Störe und Haie aus. Ein Forscher aus dem Team, Professor Neil Gemmell, spekulierte über einen anderen Erklärungsversuch:
"Es gibt eine sehr bedeutende Menge an Aal-DNA", sagte er in einem Interview mit der BBC, bevor er fortfuhr: "Die schiere Menge des Materials besagt, dass wir die Möglichkeit, dass es hier riesige Aale gibt, nicht ausschließen können. Daher können wir die Möglichkeit nicht ausschließen, dass das, was die Leute sehen und für das Loch Ness Monster halten, ein Riesenaal ist.“

Eines ist sicher: Wir können davon ausgehen, dass die Theorien, Gerüchte und Mythen rund um das Ungeheuer von Loch Ness über Generationen hinweg fortbestehen werden.