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Nach jahrzehntelangem Bemühen, die mysteriösen Schriften auf dem massigen schwarzen Granitblock – dem Rosettastein – zu entziffern, knackte der französische Linguist Jean-Francois Champollion den vielleicht berühmtesten Code der Geschichte, als er an diesem Tag im Jahr 1822 den Schlüssel zur Entzifferung des Rosettasteines fand.

Der Stein von Rosetta stammt aus dem Jahr 196 vor Christus. Ursprünglich war er in einem Tempel ausgestellt, wurde dann aber als Baumaterial in Fort St. Julien benutzt, nahe der im Nildelta gelegenen Stadt Rashid (Rosetta). Im Jahr 1799 wurde der Stein im Nildelta von Pierre Francois-Xavier Bouchards gefunden, einem französischen Offizier in Napoleons Armee.

Der Rosettastein befand sich über Jahrzehnte im British Museum. Niemand konnte seine rätselhaften Schriftzeichen, darunter griechische, demotische und Hieroglyphen entziffern.

Champollion war erst neun, als der Stein erneut gefunden wurde, aber schon damals war er ein versierter Linguist. Er hatte schon genug Griechisch und Latein gelernt, um Homer und Virgil zu lesen. Als er 19 war, studierte er Persisch, Äthiopisch, Sanskrit, Zend, Pahlavi und Arabisch und er arbeitete an einem koptischen Wörterbuch.

Champollions Aufgabe wurde dadurch erleichtert, dass auf dem Stein eine Sache in drei verschiedenen Sprachen wiederholt wurde. Das lieferte dem französischen Linguisten den Schlüssel, um das alte Mysterium der Hieroglyphen zu entschlüsseln.

Er nutzte diese Hinweise und die vorangegangene Arbeit des englischen Universalgelehrten Thomas Young, der den demotischen Teil des Steines übersetzt hatte. Young hatte zudem Kartuschen entdeckt, welche die Lautschrift griechischer Namen enthielten. So konnte Champollion seinen Durchbruch erlangen.

Am 22. September 1827 entdeckte Champollion den Schlüssel, um die Hieroglyphen zu entziffern. Er rief seinem Bruder zu „Je tiens l’affaire!“ (Ich habe es!) und fiel in Ohnmacht. Er war für fünf Tage bettlägerig. Der Schlüssel zu Champollions Durchbruch lag in den Kartuschen. Die länglichen Kreise der ägyptischen Hieroglyphen stellten normalerweise die Namen der Könige dar. Sie waren überall auf dem Rosettastein zu finden.

Basierend auf Champollions Bemühungen waren sich die Gelehrten einig, dass es sich bei dem Stein um eine Erinnerungstafel handelte, welche die Gottesverehrung des neuen Herrschers begründete, des 13-jährigen Königs Ptolemaios V.

Nachdem Champollion fünf Tage nach seinem Durchbruch wieder aus dem Bett aufstand, stellte er in der „Académie des Inscriptions et Belles Lettres“ in Paris einen achtseitigen Text, „Lettre à M. Dacier“, aus, in dem er das System erklärte, mit dem er die antiken ägyptischen Hieroglyphen entziffert hatte.

Champollions Beiträge für die Linguistik und die Ägyptologie sind bedeutend: Er ebnete den Weg für Gelehrte, hunderte von Texten ägyptischer Hieroglyphen zu übersetzen, eine Fähigkeit, die für mehr als 1000 Jahre verloren gegangen war.

Bild: © Getty Images